theminigolffamily

Eine moderne Soap-Opera um eine junge Großstadtfamilie, die sich ganz und gar einer elitären und unterschätzten Sportart verschrieben hat. Rund um den Lebensmittelpunkt Minigolf erleben die vier Hauptcharaktere Vater, Mutter, Tochter und Sohn den ganz normalen Wahnsinn des 21. Jahrhunderts.


Donnerstag, 24. April 2008

1.3 Auf der Flucht

Ort: Vienna Minigolf City, Notaufnahme Allgemeines Krankenhaus/Restaurant "Füchslein"
Zeit: Sonntag, 5. August 2007, vormittags

"Rhhhämm. Rrrrm. Hmmm." Dr. Stiegel räuspert sich und fährt fort: "Also, ich sehe, Sie alle hier wollen gewiss erfahren, wie es um Ihre Angehörige steht. Nun, ich muss Ihnen leider sagen - ich weiß es auch nicht." Klaschenka starrt den Arzt an und schüttelt ungläubig den Kopf. Was redet dieser Trottel da, wozu ist er Mediziner geworden. Klaschenka könnte schon wieder platzen. Da kommt ihr Molle zuvor. "Was heißt denn das bittesehr, bitteschön? Liegt meine liebe Frau Irina denn nicht hier in diesem Krankenzimmer und haben Sie, mein lieber Herr Strievel, Striegele, äh, haben Sie denn keine Diagnose gestellt?" Molle zeigt auf jene Tür, auf die zuvor schon Kater Ivan hingedeutet hatte, zündet sich die nächste Zigarette an und blickt erwartungsvoll in die leicht verquollenen Augen des Doktors. "Nein. Nein, das habe ich nicht, Herr... Ich habe das nicht gemacht. Ich wollte, aber als wir Ihre _liebe Frau_ untersuchen wollten, nachdem sie hier völlig besoffen und in ihrem eigenen Erbrochenen eingeliefert worden war, in Begleitung dieses charmanten jungen Mannes (zeigt auf den Lackschuh-Boogie-Mann, der etwas abseits steht und verwirrt zuhört)... Und wo waren Sie eigentlich, mein Herr..." Molles Blick verfinstert sich, er tritt etwas näher an den Arzt heran. "Nun jedenfalls, gerade als ich Ihrer Frau meine medizinische Hilfe angedeihen lassen wollte, kam sie zu Bewusstsein. Sie schüttelte sich auf dem Krankenbett wie eine Verrückte, sprang auf, verpasste einer unserer Schwestern einen heftigen Schlag ins Gesicht und rannte aus der Notaufnahme - schneller als ich Buh sagen konnte. Dann eilte hier fast zeitgleich dieser kleine kecke Kater in das Wartezimmer, verweigerte jegliche Kommuniaktion und hockte sich auf diesen Stuhl (zeigt auf Ivan, der nach wie vor mit gesenktem Blick an Bananenüberresten knabbert). Wie ich nun sehe, gehört er wohl auch zu Ihnen."
Die Familie blickt sich gegenseitig an. Molle zuckt mit den Schultern und tätschelt Ivan beiläufig das Köpfchen. Boris, Klaschenka und Kolja wenden sich dem Unbekannten zu. "Und nu, was können Sie zu der Geschichte noch beitragen? Haben Sie unsere Mutter derart verschreckt? Was zum Teufel haben Sie mit Ihr gemacht?!" Klaschenka wird ungehalten. "Nichts ich gemacht, gebracht hierher und gewartet. Kater auch gewartet hat mit mir und auf kleinen Zettel geschrieben seinen Namen und dass er warten tut auf diese Frau - Irina, nun wie ich weiß. Ich ihm gesagt habe, diese Frau sein nicht mehr hier, ich wollen reden mit Arzt, was zu tun sein kann. Dann wir beide beschlossen warten auf Familie. Nun Familie ich kennengelernt." Der Lackschuh-Mann lächelt freundlich und streckt seine Hand aus. Klaschenka tritt an ihn heran und schlägt seine Hand zurück. "Das glaubst du ja wohl selbst nicht, du Penner, du in deinem süßen kleinen Anzug mit deinen süßen polierten Schühchen. Raus jetzt damit, was ist passiert und wieso ist meine Mama weggelaufen, hä?!" Molle tritt Klaschenka untestützend zur Seite, ballt die Fäuste und starrt den Mann angriffslustig an. Boris wirkt aufgeregt und beginnt leise Geräusche von sich zu geben, während er unruhig zwischen den Anwesenden umherhüpft.

Zur selben Zeit, vermutlich geht es bereits auf Mittag zu, hackt eine kleine dicke Frau, vermutlich um die Fünfzig, Zwiebeln in der Küche eines kleinen schummrigen Lokals am anderen Ende der Stadt. Sie murrt vor sich hin und scheint nicht gerade bester Laune. Draußen im Gastraum sitzen zwei Leute - an der Bar ein alter Mann im Jogginganzug, der bedächtig an einem Bier schlürft. Ganz hinten in der letzten, dunkelsten Ecke kauert eine müde und verwahrlost wirkende Frau. Es ist Irina. Sie hatte sich nach ihrer Flucht aus dem Krankenhaus im Alkoholrausch zunächst in irgendeine Straßenbahn gesetzt und war bis zur Endstation gefahren. Als sie sich völlig verschmutzt und mit jeder Menge Erinnerungslücken schließlich an einer Haltestelle Mitten im Nirgendwo wiederfand, beschloss sie, auf keinen Fall Panik zu bekommen und setzte sich erst einmal hilflos neben eine Müllcontainer-Insel. Beflügelt von den Gerüchen, die aus einer Biotonne strömten, und einem immer lauter werdenden Knurren aus der Magengegend entschied sie daraufhin, nach einem kleinen Imbiss Ausschau zu halten. Sie stand mit etwas Mühe wieder auf und ging die Straße entlang. Schon nach wenigen Metern erbilckte sie ein kleines Schildchen auf dem stand: Füchslein. 24h Essen und Trinken. Und darunter etwas kleiner: Österreichisches Bier und Qualitätswein. Irina war sofort Feuer und Flamme und trat ein.
Nun sitzt sie wohl schon seit einigen Stunden in der dunklen Ecke und bestellt ein Bier nach dem anderen - immer abwechselnd mit entweder einem Schinken-Zwiebel-Toast oder einer Bratwurst ohne alles. Eigentlich würde sie sehr gerne nach Hause gehen oder fahren. Allerdings hat sich ihre Gedächtnisleistung noch nicht wieder soweit eingestellt, dass sie den Weg zurück überhaupt finden könnte. Von diesem Umstand relativ frustriert und auch nicht clever genug, das Biertrinken vielleicht für einige Zeit auszusetzen, lässt sie sich also weiterhin ein kühles Blondes nach dem anderen kommen. "Es ist eigentlich ganz nett hier. Vielleicht bleibe ich noch ein paar Tage", hört sie sich auf einmal selbst sagen und zuckt erschreckt von der eigenen Stimme leicht zusammen. Im selben Augenblick muss Irina nach vielen vielen Stunden zum ersten Mal wieder an ihre Familie denken. Doch noch bevor sie sich darauf besinnen kann, was eigentlich geschehen ist, übermannt sie wieder der wohltuende Dusel, sie stößt auf und nimmt einen weiteren kräftigen Schluck Bier.
"Was dauerndn scho wieder so laanghe? Ha? Hab einen Hunger zum Bänfressn." Irina schreit in Richtung Küche. Der alte Mann an der Bar dreht sich kurz um, schüttelt den Kopf und widmet sich dann wieder seinen eigenen alkohlverseuchten Gedanken. Im nächsten Moment schießt die dicke Frau aus der Küche, eilt an Irinas Tisch und schlägt ihr Wortlos mit einem Geschirrtuch ins Gesicht. "Und jetzt schleichst dich raus hier, du besoffenes Weib!" Ein paar Zwiebelringe machen es sich in Irinas zerwühlter Haarpracht gemütlich, sie rappelt sich auf, leert im Stehen ihr Bier und torkelt aus der Tür. Im Hintergrund hört sie aufgeregtes Schreien. "Bezahlen, bezahlen!" Aber Irina dreht sich nicht um, beschleunigt den Schritt und läuft weiter die Straße hinunter.

Wo wird es Irina hinverschlagen? Wird sie jemals wieder zu Bewusstsein gelangen? Wird sich die Familie auf die Suche nach Irina machen? Welches Geheimnis hat der Lackschuh-Mann zu verbergen und wieso, wieso, wieso um Himmels Willen kann Boogie-Woogie kein Ersatz für Minigolf sein? Das, anderes und/oder vieles mehr erfahren wir, wenn es wieder heißt: The Minigolf Family.

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